„Was Frauen wirklich antörnt“
Sandra Maravolo über ihren Sexshop, die Bedürfnisse von Frauen, Sextoys und vieles mehr
Seit 1995 führt Sandra Maravolo in Frankfurt ihren eigenen Sexshop „Inside her“. Der Erotikladen ist auf Frauen spezialisiert und somit besonders auf deren Bedürfnisse ausgelegt. Sandra hat 40 Jahre Erfahrung bei der Beratung von Frauen. Sie hat sich darauf spezialisiert, was Frauen wirklich wollen. Insgesamt hat sie bereits 69.000 Beratungen durchgeführt und mittlerweile auch zwei Bücher geschrieben. Das ist zum Einen das Buch „Was Frauen wirklich antörnt“ und zum Anderen das Buch „Was Paare wirklich antörnt“.
Oftmals sind viele Frauen beim Besuch eines Sexshops unsicher. Viele haben ein eher verschämtes Bild von Erotikläden und sehen sie als den Männern vorbehalten. Als Frau fühlt man sich jedoch oft unwohl. Sandra wollte damals diese Lücke schließen. Sie selbst empfand es als unangenehm als sie sich beim Kauf von Gleitgel trotz ihrer offenen Natur unwohl fühlte. Daher wollte sie einen Laden eröffnen, in dem Frauen sich richtig wohlfühlen können. Unter anderem befinden sich in Sandras Sortiment Dessous, Vibratoren und viele andere Sextoys. Durch die Fülle an Sextoys, die es heutzutage gibt, ist es wichtig eine gute Beratung zu erhalten, um herauszufinden welches das richtige ist. „Es gibt da unglaubliche Unterschiede“, erklärt Sandra. Sie und ihre Kollegin treffen daher eine Vorauswahl, indem sie verschiedene Messen besuchen. Die Qualität steht dabei im Vordergrund.
Die wenigsten wissen, wie ein weiblicher Orgasmus abläuft.
Wer nicht selbst den Laden besuchen möchte oder zu weit weg wohnt, kann sich von Sandra und ihrem Team auch telefonisch beraten lassen. Sandras Shop trägt so dazu bei, Wissen über die weibliche Sexualität zu verbreiten und aufzuklären. Beiträge wie „Vagina und Vulva“ auf 3sat können dabei ebenfalls helfen. Das Thema weibliche Sexualität wird erst seit kurzem beleuchtet und trotzdem leider immer noch nicht genug. Die wenigsten wissen, wie ein weiblicher Orgasmus abläuft. Auch Bücher erwähnen teilweise wichtige Aspekte nicht. Die Klitoris wird überhaupt erst seit 30 Jahren richtig erforscht. Im Moment beobachten wir sozusagen eine Revolution der weiblichen Geschlechtsorgane. Viele Frauen kennen ihre eigenen Geschlechtsorgane nicht und fühlen sich gezwungen vaginal durch Penetration zum Orgasmus zu kommen. Sandra arbeitet bereits seit 1995 mit den Bedürfnissen von Frauen und unterstützt sie bei ihren Fragen.
Hat sich im zeitlichen Vergleich zwischen früher und heute etwas verändert?
Die Auswahl an Vibratoren und guten Geräten war früher deutlich geringer als heute. Zudem sahen die Vibratoren ganz anders aus. Oft waren es große harte, silberne Plastikkörper. Ein Hersteller, der Sandras Laden auch schon früher mit guten Produkten versorgte, ist die Fun Factory aus Bremen. Die Fun Factory stellt auch heute noch hochwertige Sextoys her. Alle anderen Hersteller kommen meistens aus China. Heutzutage sind Sextoys außerdem bunter und exotischer. Auch die Haltung der Frauen gegenüber den Produkten hat sich verändert. Früher hatten viele Frauen das Gefühl, dass wenn sie einen Vibrator kaufen, hieße das, sie würden keinen Mann abbekommen. Heutzutage gehören Toys wie der „Womanizer“ zum Lifestyle von vielen dazu. „Früher ist nicht mehr vergleichbar mit heute. Frauen kaufen die Produkte heute mit einer Selbstverständlichkeit“, bemerkt Sandra.
Filme wie „Sex and the City“ oder „Eis am Stiel“ U trugen viel zu dieser Revolution bei, indem sie Sexualität normalisierten. Die selbstbewussten und selbstbestimmten Frauen Carrie, Samantha, Charlotte und Miranda schlafen mit wem sie wollen und tauschen sich über ihre Sextoys aus. Trotz des kulturellen Durchbruchs dieser Filme ist Masturbieren jedoch für viele noch immer ein Tabu. Viele Frauen, die unter sexueller Unlust leiden, kommen ausschließlich mit ihrem Partner und haben sich noch nie selbst befriedigt. Einige wissen nicht einmal, wo ihre Klitoris liegt.
Sextoys wie der Womanizer* können dabei helfen die eigene Sexualität zu entdecken. Für viele Frauen ist das eine Erleichterung. Natürlich ist das etwas ganz anderes als die orale Befriedigung vom eigenen Partner. Es ist jedoch wichtig, Abwechslung zu haben. Sextoys können für viele Paare eine Bereicherung sein und es kann Spaß machen das Gerät gemeinsam anzuwenden. „Es ist wichtig, dass es Spaß macht, egal wie!“, sagt Sandra. Wichtig ist auch die Kommunikation. Jeder funktioniert anders und kommt anders. Daher ist es wichtig die eigenen Bedürfnisse zu äußern und auch mal praktische Anweisungen zu geben.
„Wer will denn Sex haben, wenn einer der beiden keinen Spaß daran hat? Irgendwann schläft die Sexualität dann ein. Hätten alle Spaß beim Sex, weil sie sagen könnten, wie es ihnen gefällt, dann hätte man doch gerne Sex. Man wüsste genau, diese Person macht das so, wie man das braucht und wie man zum Orgasmus kommt. Dann wären beide glücklich und man würde am nächsten Tag wieder Sex haben wollen. Das Problem besteht nur, wenn einer irgendwie hinten runterfällt und keinen Orgasmus hat oder es weh tut. Wenn man dann nicht darüber spricht, kann das in der Beziehung nicht gut gehen“, erläutert Sandra.
Sandra schrieb ihre beiden Bücher vor ca. 15 Jahren. Hat sich seitdem etwas verändert? Gibt es vielleicht Dinge, die sie jetzt anders beleuchten würde?
„Absolut! Aber das liegt natürlich auch an meiner eigenen Sexualität. Als ich die Bücher geschrieben habe, war ich ca. 40 bis 42 Jahre alt. Jetzt bin ich 57 Jahre alt. Ich hatte damals eine ganz andere Sexualität. Deshalb ist es auch schön Frauen zu sehen, die denken, dass Sex keinen Spaß macht und alle nur etwas von ihnen erwarten. Bei vielen Frauen ist es nämlich so – auch bei mir persönlich – dass sie mit zunehmendem Alter auch mehr Spaß am Sex haben. Irgendwann ist es dann auch egal, ob man einen dicken Bauch oder etwas anderes hat. Es wird dann irgendwie entspannter und man spürt mehr. Der Körper verändert sich, er wird sexuell empfänglicher und empfindlicher“, erklärt Sandra.
Übrigens: je öfter die Frau zum Orgasmus kommt, desto leichter erreicht sie auch zukünftig einen Orgasmus.
Es gibt viele Mythen zum Thema vaginaler Orgasmus. Genau genommen gibt es den vaginalen Orgasmus gar nicht. Der „vaginale“ Orgasmus geht von der Klitoris aus, also von den seitlichen Schenkeln. Das Gefühl, dass sich innen etwas zusammenzieht ist das, was die Frau während der Penetration als Orgasmus wahrnimmt. Es handelt sich hier um Punkte rund um die Gebärmutter, die mit dem Nervensystem zusammenhängen. Genau sagen lässt sich das allerdings noch nicht, da immer noch dazu geforscht wird. Aber es handelt sich wahrscheinlich um eine Art Querschaltung zu den Nervenbündeln, die durch eine Rückkopplung das Ganze in Wallung bringen. Ohne Masters und Johnson, die damals die Ersten waren, die zu dem Themengebiet forschten, wüssten wir vielleicht heute noch nicht einmal wie eine Erregungsphase abläuft. Das fehlende Wissen zeigt sich darin, dass vermutlich jeder weiß, wie man einen Penis oder Hoden malt. Nur wenige wissen jedoch, wie Vulven aussehen oder dass auch Frauen eine Vorhaut haben. Männliche und weibliche Genitalien sind nämlich gleich aufgebaut.
Durch das Verständnis, das mit dem Wissen über die eigenen Geschlechtsteile (und die des Partners) entsteht, ist die Chance auf gemeinsam erfüllenden Sex größer. Übrigens: je öfter die Frau zum Orgasmus kommt, desto leichter erreicht sie auch zukünftig einen Orgasmus. Wenn die Vagina nach einer Trennung oder Scheidung nicht mehr genutzt wird, zieht sie sich zusammen. Nur wenn dort immer wieder Dehnung stattfindet, werden Zellen regeneriert und Feuchtigkeit produziert.
„Sexualität bedeutet für mich ganz viel Intimität. Es muss Spaß machen und es muss intim sein, in beiderseitigem Einverständnis. Mir geht es beim Sex auch nicht um Orgasmen, sondern mehr um Nähe und Kommunikation“, erklärt Sandra.
Eine weitere Herausforderung für die Frau sind die Wechseljahre. Sandra schreibt dazu und zu vielen anderen Themen in ihrem Blog. Für viele Frauen sind die Wechseljahre aufgrund von Gewichtszunahme, Schlaflosigkeit und Stimmungsschwankungen sehr schwierig. Sandra ermutigt Frauen dazu, sich selbst zu lieben, egal in welchem Alter. Denn die wenigsten Frauen finden sich selbst schön. Selbstliebe ist etwas, an dem lebenslang gearbeitet werden muss. Durch Geburten oder das Alter verändert sich der Körper immer wieder. Ziel ist es, sich so zu lieben wie man ist, unabhängig vom Körpertyp. In dem Buch „ Komm wie du willst“ von Emily Nagoski*, einer Sexualpädagogin, gibt es verschiedene Übungen zu dem Thema. Eine Aufgabe ist es, sich selbst jeden Tag für fünf Minuten im Spiegel zu betrachten. Dabei soll man verschiedene Dinge nennen, die man an sich selbst schön findet. Es dürfen ausschließlich positive Dinge erwähnt werden, auch wenn einem am Anfang nicht viel einfällt. Dadurch fokussiert man seine Wahrnehmung darauf, was man an sich selbst gut findet. „Wie sollen dich denn andere Leute schön finden, wenn du dich selbst überhaupt nicht schön findest?“, fragt Sandra. Sexualität kann dabei helfen. Es hilft dabei, auch alleine glücklich zu sein, zu wissen was man selbst mag und sich den Orgasmus sozusagen zu gönnen. Zudem steigt dadurch das eigene Selbstwertgefühl. Gute Sexualität fängt daher immer bei sich selbst an.
Was bedeutet Sex für Sandra persönlich?
„Sexualität bedeutet für mich ganz viel Intimität. Es muss Spaß machen und es muss intim sein, in beiderseitigem Einverständnis. Mir geht es beim Sex auch nicht um Orgasmen, sondern mehr um Nähe und Kommunikation“, erklärt Sandra.
Sie findet es wichtig sich mitzuteilen und seine Bedürfnisse zu äußern, unabhängig von der eigenen Sexualität. Dies kann man auch in ihrem Laden in Frankfurt gerne tun – dem komfortablen Erotikladen für Frauen.
Eros und Psyche – Der Podcast
Host: Miriam Mottl, Frauenärztin und Sexualmediziner
Gast: Sandra Maravolo, Besitzerin von „Inside her“
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