Miriam M. Mottl – Herzensdialoge

Der Blog über Kinderwunsch, Sexualität und Partnerschaft

Sex Education

Alles rund um das erste Mal

Zum ersten Mal Intimität mit dem Partner erleben, die ersten sexuellen Erfahrungen, die Aufregung und vielleicht auch der Druck, der dahinter steht – diese Gefühle kennen viele von uns gut. Entweder weil wir unser erstes Mal Sex bereits hinter uns haben oder aber weil wir es noch vor uns haben und noch nicht so recht wissen, ob wir schon dazu bereit sind.

Dabei beginnt die erste sexuelle Erfahrung nicht zu zweit mit dem Partner, sondern allein mit sich selbst. Meistens ist dies vor oder während der Pubertät – bei Männern häufig früher als bei Frauen. Der Grund dafür ist, dass Männer zum Beispiel durch die morgendliche Erektion oder den ersten Samenerguss schneller mit Sexualität in Berührung kommen. Das klassische erste Mal, so wie es unsere Gesellschaft definiert, findet oft während der Pubertät statt. Eine Studie der Uni Basel aus dem Jahr 2008 fand heraus, dass von der befragten Gruppe Jugendlicher 62 % ihr erstes Mal mit 16 oder 17 Jahren hatten. Dieselbe Gruppe bezeichnete ihr erstes Mal als eine schöne Erfahrung. Beim Vergleich der Daten mit Studienergebnissen aus den 60er Jahren stellte man fest, dass der Anteil der 14- und 15-Jährigen, die Sex haben, heute deutlich höher ist als damals. Heutzutage gibt es also mehr Jugendliche, die bereits im Alter von 14 oder 15 Jahren Sex haben.

Eine Studie aus Österreich befragte im Jahr 2001 mehr als 1000 jugendliche Jungen zum Thema Sexualität und Pornografie. Dabei gaben mehr als 40 % an, dass sie Pornografie als eine geeignete Informationsquelle für Aufklärung ansehen.

Ein weiterer Aspekt beim Thema Sex und erstes Mal ist die Informationsquelle. Eine Studie aus Österreich befragte im Jahr 2001 mehr als 1000 jugendliche Jungen zum Thema Sexualität und Pornografie. Dabei gaben mehr als 40 % an, dass sie Pornografie als eine geeignete Informationsquelle für Aufklärung ansehen. Problematisch ist daran, dass Pornografie nichts mit einer realistischen Darstellung von Sexualität zu tun hat. Beispielsweise sehen die Vulven und Penisse in Pornos oft glatt rasiert und optisch „gut“ aus. Das liegt daran, dass häufig ganz speziell Pornodarstellerinnen mit „kindlichen“ Vulven gesucht werden. Die äußeren Geschlechtslippen, die normalerweise behaart sind, sind glatt rasiert und die inneren Geschlechtslippen sind oft kleiner. In der Realität jedoch sind die inneren Geschlechtslippen bei Frauen oft größer und geschwollener. Männliche Pornodarsteller hingegen haben oft einen besonders großen Penis.

Das Problem dabei ist, dass sich viele Menschen mit diesen unrealistischen Darstellungen vergleichen. In der Realität gibt es jedoch viele unterschiedlich aussehende Vulven und Penisse. Wäre die Darstellung von Geschlechtsteilen und Körpern in der Pornografie realistischer, würde es weniger körperverändernde Maßnahmen geben.

Es gibt aber auch viele gute Plattformen wie zum Beispiel die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga.de) in Deutschland. Dort gibt es viele Projekte für Jugendliche und es wird Wert darauf gelegt eine gesunde Sexualität zu zeigen.

Eine weitere Studie aus Österreich zeigt, dass die befragten Jugendlichen alle über Verhütung Bescheid wissen. Sie verhüten selbst meistens mit Kondom oder Pille. Allerdings kennt nur einer von fünf Befragten den Fertilitätszyklus der Frau. Zur Erklärung: Frauen sind nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Monat fruchtbar und können auch nur dann schwanger werden. Viele Frauen sind ca. 0-10 Tage nach dem Beginn der Regelblutung unfruchtbar bevor sie den nächsten Eisprung haben. Bei manchen Frauen ist der Zeitraum auch kürzer. Der Eisprung selbst passiert schon vor der allerersten Regelblutung. Wird also nicht verhütet, kann es schon vor der ersten Periode zu einer Schwangerschaft kommen.

Jeden Monat baut sich in der Gebärmutter eine Schleimhaut auf. Diese hat das Potenzial eine Frucht zu empfangen (also befruchtet zu werden) und damit ein „Nest“ für ein potenzielles Baby zu bauen. Wird die Eizelle nicht befruchtet, sendet der Körper ein Signal das Nest wieder „abzureißen“. Dadurch kommt es zur Regelblutung. Wenn jedoch eine Befruchtung stattfindet, sendet der Körper das Signal „Es hat geklappt!“ und geht somit in die nächste “Bauphase”, die Schwangerschaft, welche im Regelfall 9-10 Monate dauert.

Eine weitere Studie aus Österreich zeigt, dass die befragten Jugendlichen alle über Verhütung Bescheid wissen. Sie verhüten selbst meistens mit Kondom oder Pille. Allerdings kennt nur einer von fünf Befragten den Fertilitätszyklus der Frau.

Zurück zum Thema erstes Mal Sex: ein Schweizer Institut stellt zwei Bedingungen an sexuelle Handlungen zwischen Jugendlichen. Zunächst sollte die jeweilige Person Sex als gut und richtig ansehen und dies sollte auch mit den eigenen Erwartungen und Bedürfnissen in Einklang sein. Die zweite Bedingung ist die Entkopplung von sozialen Verpflichtungen. Das bedeutet, dass die Zustimmung beider Personen zum Sex notwendig ist und das erste Mal nicht aus Gruppenzwang resultieren sollte.

Zu diesem Thema ist die Serie „Sex Education“ auf Netflix sehr empfehlenswert. In der Serie geht es um Sexualität sowie das erste Mal. Als Sohn einer Sexualtherapeutin gibt der Hauptdarsteller Otis seinen Mitschülern Sex-Tipps. Dabei wird deutlich wie unterschiedlich erste Male sind und wie viel Aufregung davor herrscht. Die Serie zeigt eine realistische Darstellung von Sexualität und malt kein Schwarz-Weiß-Bild, wie das in unserer Gesellschaft sonst oft der Fall ist. Zum Sex gehören eben auch die emotionalen Komponenten! Sex ist als eine Art der lustvollen Verantwortung sowohl für sich selbst als auch für den Partner zu verstehen.

Der sogenannte „peer pressure“ in „peer groups“ wie zum Beispiel im Freundeskreis, in der Familie, in der Schulklasse oder Ähnlichem bezieht sich auf die Ausübung von Druck auf den Einzelnen. In einer Gesellschaft erschaffen wir uns unsere eigene Realität und so ist es auch in einer peer group. Die peer group definiert die Normalität und beeinflusst damit auch die Erwartungshaltung in Bezug auf das erste Mal. Wenn man in seinem Umfeld beispielsweise immer hört, dass Sex weh tut und etwas Schlimmes ist, ist die eigene Erwartungshaltung dementsprechend negativ. Damit erhöht sich gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit, dass der erste Sex kein besonders gutes Erlebnis wird. Gehen die Menschen in der näheren Umgebung jedoch positiv und offen mit dem Thema Sex um und bezeichnen das erste Mal als schön und lustvoll, ist die Erwartungshaltung positiv. Dadurch kann dann auch das erste Mal zu einer schönen Erfahrung werden.

In einer weiteren Studie auf Eltern.de wurden die Probanten nach ihrem Erlebnis beim ersten Mal gefragt. Dabei stellte sich heraus, dass diejenigen, deren Eltern zu Hause einen offenen Umgang mit dem Thema Sex pflegten, ein positiveres Erlebnis beim ersten Mal hatten. Zudem zeigte die Studie auch ein positiveres Verhältnis der Probanten zum Thema Sex auf, wenn es zumindest eine Vertrauensperson gab, mit der offen darüber gesprochen werden konnte. Auf der anderen Seite zeigten die Ergebnisse, dass das erste Mal von den Probanten umso schlechter beschrieben wurde, je schlechter das Verhältnis zum eigenen Körper war.

Die Offenheit der Familienmitglieder zum Thema Sex beeinflusst auch wie lange jemand mit dem ersten Mal wartet und welchen Partner er sich aussucht. Je offener die Familie mit Sex umgeht, desto später haben Jugendliche ihr erstes Mal.

Die Offenheit der Familienmitglieder zum Thema Sex beeinflusst auch wie lange jemand mit dem ersten Mal wartet und welchen Partner er sich aussucht. Je offener die Familie mit Sex umgeht, desto später haben Jugendliche ihr erstes Mal. Je länger sie damit warten, desto sorgfältiger suchen sie sich außerdem ihren ersten Sexualpartner aus. So entsteht leichter Vertrauen und die Vorbereitungsphase auf das erste Mal findet gemeinsam statt.

Aufklärungsbücher wie „Make Love“* von Ann-Marlen Henning helfen dabei ein besseres Verständnis für Sexualität zu gewinnen. Ein weiteres sehr zu empfehlendes Buch ist “Sex ist wie Brokkoli, nur anders”* von Carsten Müller, einem bekannten Sozialpädagogen und -therapeuten.

Es ist wichtig als Erwachsener mit gutem Beispiel voranzugehen, Sexualität als selbstverständlich anzusehen und auch danach zu leben. Genauso normal ist es übrigens auch nein zu sagen! Es ist wichtig dem Druck von außen nicht nachzugeben und nein zu sagen, wenn man noch nicht bereit ist oder keine Lust hat.

In dem Buch „Mädchen fragen, Mütter wissen“* wurden 100 Mädchen befragt, wieso sie beim ersten Mal nicht verhütet haben. 57 der Befragten antworteten es sei zu „spontan“ gewesen. Dabei ist Verhütung nicht nur wichtig um eine Schwangerschaft zu verhindern, sondern auch um sexuell übertragbare Krankheiten zu vermeiden.
Man sollte eine gewisse Standhaftigkeit gegenüber der eigenen Gruppe (peer group) beziehungsweise der Gesellschaft bewahren. Das hilft dabei sich selbst nicht unter Druck zu setzen. Zudem können ein offener Umgang mit dem Thema Sex und eigenes Interesse (zum Beispiel beim Lernen wie man Kondome richtig benutzt, sich über das Thema selbst zu informieren etc.) dazu beitragen, dass das erste Mal gut verläuft.

Es ist außerdem gut vor dem ersten Mal mit einem Partner sexuelle Erfahrungen mit sich selbst gemacht zu haben. Das ist wichtig um sich selbst besser kennenzulernen. So kann man dem Partner gegenüber besser verständlich machen, was man schön findet und was nicht. Paare, die schon länger zusammen sind, können diese Erfahrungen gemeinsam machen und so kleine Schritte zusammen gehen bis hin zum ersten Sex. Wichtig bei alldem ist sich zu fragen, was man selbst und was der Andere will und wie weit man bereit ist zu gehen. Mit diesen Dingen im Hinterkopf können das erste Mal und viele weitere Male danach ein wirklich schönes Ereignis werden!

Eros und Psyche – Der Podcast

Hosts: Miriam Mottl, Frauenärztin und Sexualmediziner / Michal Hulik, Psychologe und medizinischer Podcaster

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